Bei einem erwachsenen Menschen lässt sich klar definieren, wie sich Distanzlosigkeit äußert: Durch das Erzwingen von sozialen Interaktionen ohne emotionale Abstimmung und häufig sogar gegen den erklärten Widerstand des Gegenübers. Und auch die Ursachen sind erklärbar. Distanzlosigkeit im Erwachsenenalter ist entweder pathologisch oder charakterlich bedingt, bzw. ein Fehlverhalten aus kulturellen Unterschieden heraus.
Bei Kindern ist die Definition und die Erklärung wesentlich schwieriger. Das liegt daran, dass es bei Kindern eines bestimmten Alters völlig normal ist, dass sie manchmal rebellieren und ihre Grenzen austesten wollen. Das gehört zur kindlichen Entwicklung einfach dazu. Außerdem kann ein Kind auch nicht von vornherein erkennen, ob und wann seine Kontaktsuche erwünscht ist und wann nicht.
Distanzlosigkeit bei Kindern richtig deuten
Gerade sehr lebhafte, selbstbewusste und freundliche kleinere Kinder können so schon mal distanzlos wirken, obwohl ihre etwas gewöhnungsbedürftige Anhänglichkeit auch Fremden gegenüber eher eine spontane Laune, eine freundliche Geste, der Ausdruck eines Glücksgefühls als eine Übergriffigkeit ist.
Wenn Kinder aber immer wieder respektlos und distanzlos im Umgang sind und überhaupt nicht erkennen, wann ihre Kontaktsuche erwünscht ist oder stört, dann müssen die Erziehungsberechtigten unbedingt eingreifen, weil ein solches Verhalten nicht nur unangenehm ist, sondern für das Kind sogar gefährlich werden und sich außerdem unter Umständen bis ins Erwachsenenleben fortsetzen kann.
Symptome der Distanzlosigkeit und was man tun kann
Das führt zur Frage, warum ein Kind distanzlos reagiert. Symptome von Distanzlosigkeit bei Kindern können psychisch bedingt sein. So verhalten sich zum Beispiel geistig behinderte aber auch unter ADHS-Störungen leidende Kinder häufig distanzlos. Manchmal ist die kindliche Distanzlosigkeit aber auch nichts anderes als ein Schrei nach Aufmerksamkeit und ein Anzeichen von emotionaler Vernachlässigung durch die Bezugspersonen.
Kinder müssen nicht nur gut ernährt und gekleidet werden und Spielzeug bekommen, sie brauchen ganz dringend auch Zuwendung, Zärtlichkeit, körperliche Nähe und Menschen, die ihnen ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit geben. Bei anderen Kindern hängt der Mangel an Distanz aber auch damit zusammen, dass ihnen noch nie klargemacht wurde, dass ein Kontakt vielleicht auch einmal nicht gewünscht sein könnte.
Das kommt relativ oft bei Kindern vor, an deren Betreuung und Erziehung besonders viele Menschen beteiligt sind, zum Beispiel bei Heimkindern. Ihnen fehlt manchmal, wenn sie noch recht klein sind, das Gefühl für „zugehörig“ und „fremd“ sowohl im Umgang mit anderen Kindern, als auch mit Erwachsenen. Deshalb ist es wichtig, seinem Kind die Unterschiede klarzumachen. Aber trotzdem sollte vermieden werden, ganz bewusst Ängste zu schüren.
Schließlich ist Selbstsicherheit und Durchsetzungsvermögen bei Kindern etwas sehr Gutes und Angst kann diese positiven Eigenschaften erschüttern. Wer seinem Kind aber ganz verständlich und spielerisch in Alltagssituationen neben dem Selbstbewusstsein auch ein gewisses Mass an Umsicht beibringt, der wird mit der Zeit erreichen, dass es die Distanzlosigkeit abstellt. Es wird behutsam lernen, dass nicht jedes Lebewesen und erst recht nicht jeder Mensch sein Freund sein kann, ohne seine Offenheit und sein Zutrauen in die Welt zu verlieren.